Unsere Kinder
wachsen heute in einer reizüberfluteten Umwelt auf. Sie können
schon im Kindergartenalter Fernseher, Computer, Videorecorder und Telefon
wie selbstverständlich bedienen, selten aber erleben sie die Natur
unmittelbar – zumeist auch nur aus zweiter Hand durch Medien. An den Waldtagen
erleben unsere Kinder den kontinuierlichern Kontakt zur Natur, zu Pflanzen
und Tieren, Erde und Wasser, und fühlen sich im Wald zu Hause.
Mit wettergerechter Kleidung
und Rucksack ausgerüstet, begibt sich die Waldgruppe zur Straßenbahn
und gelangt so zum Lieblingswald. Wir singen im Morgenkreis „die liebe
Sonne lacht uns an . . ." und spüren dabei die Sonnenstrahlen. Danach
geht die Gruppe einen kleinen Weg bis zu einem Lieblingsplatz aus mehreren
Baumstämmen. Dies ist mal ein Verkaufstand, mal ein Auto, und heute
bauen sich vier, fünf Kinder Weltraumraketen. Richard und Peer hatten
schon auf dem Weg besprochen, sich in den Sträuchern ein Haus einzurichten,
und tun dies tatkräftig. Mädchen fragen nach der Gummihopse und
spielen damit Pferd, andere fragen nach Schnitzmesser und Sägen und
gehen zügig ans Werk. Einige Kinder kommen auf mich zu und fragen,
ob sie den Wald ein Stück weiter allein erkunden können. Claudia
lädt zu einer Geschichte ein und 5 Kinder genießen den Sonnenschein
auf den Birkenstämmen und lauschen der Geschichte. Wer Lust hat, faltet
mit mir eine Papiertröte und kann so laut wie ein Elefant trompeten.
Das Falten geht schnell, doch Trompeten geht nicht so leicht, Johann gelingt
es zuerst. So nimmt das Spiel seinen Lauf, bis ein Freudenschrei ertönt
und Nele uns stolz ihren Fund zeigt: ein Wildschweinschädel mit Gebiss!
Die Kinder betrachten es ausführlich und dann stieben sie davon auf
der Suche nach neuen Fundstücken. Nun ist kein Kind mehr zu sehen,
aber einiges zu hören – "Guck mal, hier an den Bäumen haben sie
Harz gesammelt, das sieht schön aus!" "Und hier, Erdbeeren wie in
unserem Kindergarten, da ist schon eine Blüte dran." "Gelbe Blumen",
"bei mir weiße".

|
"Sogar ein Stiefmütterchen
wächst hier, ist das schön!". "Endlich habe ich auch einen Knochen
gefunden, mein erster!" Die Kinder zeigen ihre Schätze: Viele Federn
haben sie gefunden, hat da der Fuchs zugeschlagen? Dann machen wir noch
eine Entdeckung: ein Wildschweinbein, deutlich an den Hufen für die
Kinder zu erkennen. "Das holen wir später, wenn das Fleisch getrocknet
ist und das Blut weg", lautet der Kommentar der Kinder. In der Nähe
des Lieblingsplatzes spielen die Mädchen Familie: Ein Holzstamm ist
das Sofa und ein anderer der Fernseher. Zeit für eine Obstpause, Wasser
oder Tee.
Danach beginnt der Waldsport.
Heute wollen wir probieren, ob die Kinder so stark wie Elefanten sind.
Mit Stöcken versuchen die Kinder zu zweit einen Baumstamm vorwärts
zu rollen. Beifall und Anfeuerungsrufe, bis es gelingt, danach wird ein
noch dickerer Baumstamm gerollt. Einige versuchen und schaffen es allein,
einen so schweren Baumstamm zu rollen.
.
Gibt es nun Stiefmütterchen
im Wald? Es war ein Veilchen, bald werden wir den Unterschied erkunden
und eine neue Geschichte hören: Vom Veilchen, das nicht duftete –
aber vielleicht duftet unseres im Wald doch?
Sabine Bleis
|